Biodiversität und Landwirtschaft am Ätna

Der Fortbestand der besonderen Wildtier- und Pflanzenhabitate am Ätna und in seinen Flusstälern hängt wesentlich von der bis an die Flussufer reichenden kleinbäuerlichen Landnutzung ab. Da wir es dort mit Land in Privateigentum zu tun haben, das noch immer Großteils naturnah genutzt wird, allerdings einem fortlaufenden Intensivierungsprozess unterliegt, versuchen wir, die Bauern von der Fortführung bzw. Wiedereinführung regenerativer und biodiversitätsfördernder Methoden zu überzeugen. In Zeiten von zunehmenden Wetterextremen sehen wir die Lösung in einer Kombination traditioneller und innovativer Techniken mit Fokus auf gesunden Boden, die den Bauern Wirtschaftlichkeit und der Natur Vielfalt versprechen. Auf Flächen unserer lokalen Partnerorganisation Giacche Verdi Bronte führen wir Experimente und anschauliche Methoden der Guten-Praxis durch.

Aktuelles

Landkäufe 
Projekt Wasser in den Boden

Hintergrund

Unsere Projektregion erstreckt sich halbkreisförmig um den Nordteil des Ätnas bis in den südlichen Teil des Nebrodigebirges. Zwischen diesen beiden als Naturparks geschützten Gebieten gibt es noch großen Strukturreichtum zwischen und auf den vielen kleinbäuerlichen Feldern unterschiedlicher Kulturen. Uferböschungen, wilde Flecken und Brachen, Hecken, Felsen und Steinmauern bieten Insekten, Reptilien, Vögeln und Säugetieren einen Lebensraum. Die Flusstäler sind ein wichtiger Ökokorridor zwischen den Naturparks und sichern das Überleben der seltenen und auf Sizilien mit einer eigenen Unterart vertretenen Wildkatze sowie anderer, teils endemischer Arten. Wir propagieren hier die Errichtung eines UNESCO Biosphärenreservats „Terre della Biosfera – le valli fluviali dell’Etna“.

Flächenkäufe für den Naturschutz

Zusammen mit unserem lokalen Partner Giacche Verdi Bronte bringen wir seit 2020 eine neue Qualität in unsere Arbeit, die sich bisher überwiegend auf Überzeugungsarbeit, Vermarktungshilfe und politisches Engagement und Umweltbildung für Kinder konzentrierte: Wir gestalten eigene modellhafte Felder, auf denen naturschonende, biodiversitätsfördernde und kohlenstoffbindende Maßnahmen erprobt und auf Feldworkshops den Bauern der Umgebung vorgeführt werden.

Unsere fünf kleinen Flurstücke sind zusammen 5,7 ha groß und überwiegend mit Oliven, Pistazien und Mandelbäumen bestückt. Sie liegen unterhalb der Stadt Bronte am Fluss Simeto in dem Natura 2000-Gebiet „Forre laviche del Fiume Simeto“.

2024 ermöglichten wir Giacche Verdi den Kauf der beiden Flurstücke 4 und 5, die direkt an den Simeto grenzen. Das Flurstück 4 ist 13.800 qm groß und mit 96 Oliven-, 30 Pistazien- und 250 Mandelbäumen bepflanzt. Ein Weg trennt es von einem verwilderten Streifen mit Gebüsch und Wildblumen, der durch einen späteren Kauf als Versteck, Rückzugsraum und Nahrungsquelle für Tiere erhalten bleiben sollte.

Ein intensiv genutzter Olivenhain trennt den unkultivierten Streifen von unserem zweiten neuen 7.860 qm großen Ackergrundstück (5), auf dem im unteren Bereich 21 Oliven- und 6 Mandelbäume wachsen. Zum Fluss hin ist das Flurstück verbuscht.

Zu den Flurstücken gehört jeweils ein Raum innerhalb eines historisch wertvollen, überwiegend verfallenen Gehöfts in der Nähe.

Einer der beiden Räume ist so gut erhalten, dass wir ihn nach und nach mit unseren Freiwilligen in Eigenarbeit renovieren und dann als Treffpunkt für Schulklassen bei Exkursionen nutzen wollen. Idealer Weise liegen sie nebeneinander und grenzen direkt an eine bereits in Giacche Verdi-Besitz befindliche Zimmer-Ruine.

Wir bezwecken neben der Biodiversitätsförderung auch eine künftige Einnahmequelle für Giacche Verdi Bronte, um die NGO in ihrer Existenz unabhängiger von Projektzuschüssen zu machen.

Der einzige Ertrag von Giacche Verdis Flächen in diesem Jahr waren rund 500 kg Mandeln, die mit tatkräftiger Hilfe unserer Freiwilligen traditionell von Hand geerntet wurden. Die komplette Olivenernte der Region fiel der Hitze und anhaltenden Trockenheit dieses Jahres zum Opfer. Das zeigt die Dringlichkeit von Humusaufbau und Wasserspeicherung im Boden.


Unsere Freiwilligen lernen das traditionelle Ernten durch Abschlagen der Mandeln mit Hilfe der leichten Stäbe des Riesenfenchels 





Wasser in den Boden

Unter diesem Motto fanden unsere neuesten landwirtschaftlich-ökologischen Versuche auf den Modellfeldern statt: Die umfangreichste Maßnahme war das Anlegen von quer zum Hang verlaufenden Gräben und Dämmen, die die Nässe der Niederschläge länger im Boden halten sollen. Einmal aufgewühlt, wurde die Erde dort zur Stabilisierung gleich bepflanzt (Pferdebohnen, Knoblauch) und mit Terra Preta-Zugabe die Wasserspeicherfähigkeit erhöht.











Für die Wasserspeicherung und die Bodengesundheit ist eine dauerhafte grüne Bedeckung der Erde essentiell. Die im Hitzesommer teils vertrocknete Spontanvegetation ergänzten wir auf allen Feldern mit Direkteinsaaten aus verschiedenen Leguminosen-Mischungen, die mit Hilfe der Volontäre von Hand ausgebracht und unter minimaler Bodenbearbeitung schonend eingebracht wurden.


2022 Humus per la Biosfera

Zwei Jahre lang wurden wir bei Humus aufbauenden Feldversuchen unterstützt von dem Bundesdeutschen „Euki“-Programm (Europäische Klimaschutzinitiative). Interessanteste Maßnahmen waren das Anlegen eines Bewässerungsteiches zum Wässern von Neuanpflanzungen und gleichzeitiger ökologischer Aufwertung für Wildtiere und Spontanvegetation sowie die Herstellung und Verarbeitung von „Terra Preta“.

Terra Preta ist ein spezieller, von Amazonasbewohnern vor Jahrtausenden erfundener Dünger aus Dung und Pflanzenkohle, der die Eigenschaft besitzt, Wasser und Nährstoffe zu binden und bei Bedarf langsam an die Pflanzen abzugeben. Die Komponente Pflanzenkohle ist außerdem ein überaus potenter, annähernd dauerhafter Kohlenstoffspeicher. Wir stellen die Pflanzenkohle in einem einfachen Pyrolyseverfahren selber aus Baumschnitt her und zeigen den Bauern der Umgebung diese sinnvolle Nutzung ihrer jährlich anfallenden „Abfälle“, die üblicher Weise an Ort und Stelle auf dem Feld verbrannt werden.

Projektseite Humus per la Biosfera

2020 Projekt Biodiversität und gute bäuerliche Praxis in den “Terre della Biosfera”

 – ökologische und soziale Ansprüche in Bezug auf Förderungen und Hindernisse der GAP

In unserer Projektregion um den Ätna führten wir 2020 im Zuge der Neuausrichtung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) mit Unterstützung durch den NABU, LIPU, und der Uni Catania eine Befragung zur ökologischen und sozio-ökonomischen Situation und Forderungen von naturnah arbeitenden Kleinbauern durch. Deren finale Analyse und ein Begleitbrief der Uni Catania , die u.a. der Region Sizilien zukam, spiegelt sich wider in neuen, ökologischer ausgerichteten Förderprogrammen (PSR Sicilia).

Alle Projektdokumente: Farming in Sicily’s Lands of Biosphere – Terre della Biosfera (terrebiosfera.org)

2010 Initiative Le Piccole Terre

In Kooperation mit Bauern am Ätna beabsichtigen wir, die wertvolle "Brückenfunktion" für die Wildkatze zwischen den geschützten Habitaten zu erhalten. Hierzu bedarf es neuer Ansätze in der - möglichst biologischen - Landwirtschaft, die die Förderung der Artenvielfalt als verbindliches Ziel in die Bewirtschaftung des Hofes integriert. Damit verbunden ist die Akzeptanz von (geschützten) Wildtieren - die auf Sizilien nicht selbstverständlich ist.

Neben dem Erhalt bestehender Rückzugsgebiete auf den Flächen werden zusätzliche Maßnahmen zur Erhöhung der Artenvielfalt, wie etwa wilde Bereiche, Blühstreifen, Natursteinmauern etc. in Feldstudien eruiert und mit den Landwirten besprochen.

Das Projekt startete im Jahr 2010 mit der Erstellung erster Naturschutzkriterien. Über „Le Piccole Terre“ läuft der Vertrieb verschiedener erstklassiger Olivenöle unserer Partnerhöfe aus der Region, die bei der Produktion nicht nur höchsten Qualitätsstandards genügen, sondern in ihrem Anbau auch Natur- und Umweltschutzaspekte berücksichtigen.

Die Leibniz-Universität Hannover unterstützt das Projekt mit begleitenden Feldstudien ihrer Studenten und gibt Empfehlungen für den Naturschutz auf Sizilien ab. Die Ergebnisse der Studien dienen auch der Entwicklung allgemeingültiger Kriterien für Naturschutz in der Landwirtschaft.

Ein weiterer Partner ist Giacche Verdi Bronte. Zusammen mit der Manfred-Hermsen-Stiftung bieten sie jungen deutschen Freiwilligen die Möglichkeit eines Volontariats auf Sizilien, u.a. auch in diesem Projekt. Unser Volontärprogramm ermöglicht jungen deutschen Freiwilligen die Mitarbeit bei der Umsetzung der Naturschutzmaßnahmen.

Ein gemeinsames Interesse aller Beteiligten liegt in der Verwirklichung folgender Projektziele:

  • Erhalt der kleinbäuerlichen Höfe und Strukturen in und zwischen den Naturparks Ätna, Nebrodi und Madonie
  • Förderung qualitativ hochwertiger, lokal-typischer Produkte
  • Umweltbildung uns Sensibilisierung für den Naturschutz
  • Verbesserung des Natur- und Umweltschutzes im ländlichen Agrarraum
  • Integration von Naturschutzmaßnahmen in die Landwirtschaft
  • Promotion und Förderung von ökologischen, nachhaltigen und natürlichen Anbaumethoden in Hinblick auf: Umwelt- und Naturschutz / Qualität und Gesundheit

 

Weitere Informationen

Mensch und Natur am Ätna - Überblick

Interessenverband „Le Piccole Terre“ www.bio-divers.org Hier können Sie auch das Olivenöl bestellen.

Leipniz-Universität Hannover www.uni-hannover.de

Ergebnisse zur Erprobung biologischer Schädlingsbekämpfung der Olivenfliege

In diesem Projekt haben Volontäre des Europäischen Freiwilligendienstes mitgeholfen.