Río Limarí und Fray Jorge Biosphärenreservat
Zum Schutz einer einzigartigen Küstenregion in Chile
Das Projekt „Río Limarí und Fray Jorge
Biosphärenreservat“ wird von der Manfred-Hermsen-Stiftung in
Zusammenarbeit mit dem Neotropischen Schulungszentrum für Feuchtgebiete (Centro Neotropical de Entrenamiento en Humedales, CNEH)
durchgeführt und hat das Ziel, ein Ramsar-Schutzgebiet für das
Küstenfeuchtgebiet des Río Limarí einzurichten.
Neben der Umsetzung
einer nachhaltigen Schutzgebietsstrategie verfolgen wir die
Bewusstseinsbildung und Kompetenzaufbau für den Naturschutz in der
Region und beabsichtigen, in Zusammenarbeit mit lokalen
Entscheidungsträgern weitere Potentiale für die Initiierung von
Folgeprojekten zu erschließen.
Das Projektgebiet liegt in der Region IV von Coquimbo, ca. 320 km nördlich von Santiago. In dieser Region erstreckt sich eine trocken-mediterrane Halbwüstenlandschaft, welche den Übergang von der mediterranen Savannenlandschaft Zentralchiles in die Atacamawüste, der trockensten Wüste der Welt, bildet. An der Küste entsteht aus thermischen Meeres- und Luftströmen ein wolkiger Küstennebel, der Camanchaca, der hier vom Talinay-Bergzug aufgefangen wird und den berühmten Fray Jorge Küstennebelwald mit Kondenswasser speist.
Das Küstenfeuchtgebiet des Río Limarí und künftiges Ramsar-Schutzgebiethat eine Fläche von ca. 800 ha, schließt im unteren Teil südlich an den Fray Jorge Nationalpark an und liegt in der Erweiterungszone des gleichnamigen Biosphärenreservats. Es umfasst die Niederung des unteren Laufs und Ästuars vom Río Limarí. Der Río Limarí zählt mit einem Einzugsgebiet von ca. 12.000 km2 zu den großen Flüssen dieser Region, welche von den Anden durch die Halbwüste westlich zum Pazifik führen. Das Feuchtgebiet ist eines der größten und bis zum heutigen Zeitpunkt auch noch mit am besten erhaltenen Küstenfeuchtgebiete dieser Region. Es besteht ein hohes Vorkommen an seltenen, endemischen und gefährdeten Arten und es wird von vielen Zugvögeln besucht. Diese Region gehört weltweit zu einem der 34 Biodiversitäts-Hot-Spots („Zentral-Chile und Valdivianischer Regenwald“, nach Mittermeier et al 2005, Myers et al 2000).
Der Fray Jorge Nationalpark wurde 1941 gegründet und hat eine Gesamtfläche von 9.959 ha. Davon umfasst der Küstennebelwald ca. 4 %, die restlichen Flächen sind standorttypisch von Kakteen, Dornbusch und niederwüchsiger Hartlaubvegetation dominiert. Aufgrund der Besonderheit des Küstennebelwaldes und aus Interesse an künftigen Forschungsprojekten, wurde 1977 der Nationalpark auch zum Biosphärenreservat ernannt, welches allerdings ausschließlich eine Kernzone umfasste.
Das Fray Jorge Biosphärenreservat befindet sich nun in der Erweiterung um eine Pflege- und Entwicklungszone. Die Artenvielfalt ist hier, gemessen an der umliegenden Region, besonders hoch. Allein im Nationalpark wurden bereits 440 heimische Vegetationsarten, darunter 260 endemische, 86 gefährdete und 10 stark gefährdete (Rotes Buch von Coquimbo, 2001), sowie 227 Tierarten, darunter 123 Vogelarten, 74 Gliederfüßer, 23 Säugetiere und 7 Amphibien- und Reptilienarten (Jaksic u. Silva et al 2004) dokumentiert.
Der Naturschützer und Träger des alternativen Nobelpreises Professor Dr. Michael Succow begleitete uns auf einer Reise im März 2014 in die Projektregion. Er betrachtet die Küstenfeuchtgebiete in der Region als seltene Sonderstandorte von hohem ökologischem Wert. Die Unterschutzstellung dieser Feuchtgebiete, welche durch die Entwicklung von Siedlungsgebieten und der intensiven Landwirtschaft sehr bedroht und zum Teil bereits auch schon stark geschädigt sind, muss auch seiner Ansicht nach höchste Priorität erhalten.
Die anhaltende Dürre und die Erschließung weiterer Gebiete für agrarwirtschaftlichen Nutzen (hauptsächlich Wein-, Oliven- und Fruchtbau) schüren die wachsenden Konflikte hinsichtlich des Wasserhaushaltes in der Region. Der Anteil des gesamten Wasserverbrauchs liegt bei ca. 75 % Agrarwirtschaft, 15 % Bergbau, 8 % Industrie, 2 % Haushalte, wobei generell der größte Teil des Bedarfs der Agrarwirtschaft aus Oberflächenwasser und des Bergbaus aus Grundwasser gespeist wird. Die großen Stauseen zur Bevorratung sind zurzeit jedoch weitestgehend trocken, so dass ein wachsender Teil des Bewässerungsbedarfes jetzt mit Grundwasser gedeckt wird. In den grundwassergespeisten Küstenfeuchtgebieten sind bisher nur relativ geringe Veränderungen zu erkennen, indessen die mit Oberflächenwasser gespeisten Gebiete und das Ästuar des Río Limarí davon schon in größerem Maße betroffen sind. Es ist anzunehmen, dass z.B. auch Auswirkungen auf die Ökologie in der Brackwasserzone des Ästuars Río Limarí festzustellen sind; dies ist bisher aber noch nicht erforscht worden.
Unsere Projektziele umfassen:
- Eine detaillierte ökologische und sozio-ökonomische Grundlagenstudie für das künftige Ramsar-Schutzgebiet
- den Entwurf eines Managementplans und Entwicklung des Aufnahmeantrags für die Ramsar-Konvention
- Bereitstellung von Informationstafeln, Broschüren und einem kleinen Dokumentarfilm zum Projektgebiet und weiterer Küstenfeuchtgebiete in der Region
- Steigerung des Bewusstseins der lokalen Bevölkerung in Bezug auf regionale Umweltprobleme und die ökologischen Funktionen der Küstenfeuchtgebiete
- Aufbau eines Regionalverbandes für nachhaltige Produkte und naturnahen Tourismus im Fray Jorge Biosphärenreservat
- Initiierung von weiterführenden Projekten zum Schutz der Küstenfeuchtgebiete und der Weiterentwicklung des Biosphärenreservats